Filmabend zum Thema Autismus

Am 25.10. wurde im Landratsamt Neumarkt von der KEB Neumarkt in Kooperation mit dem Netzwerk- Autismus Beratungs- und Koordinierungsstelle Oberpfalz und Regens Wagner Offene Hilfen Neumarkt Nord und Süd eine französische Sommerkomödie gezeigt.

Pierre jener Traumtyp, den Louise  zu Beginn des Films anfährt, entpuppt sich als Sonderling: Erst räumt er über Nacht kurzerhand ihr Wohnzimmer um, dann vergrault er mit seinen allzu ehrlichen Statements ihre Kunden auf dem Wochenmarkt, und schließlich kneift er sie als Liebesbekundung auch noch ungefragt in den Arm. Keine idealen Voraussetzungen für die große Liebesgeschichte also.

Doch nicht nur Louise wird bald klar, wie positiv Pierre, dessen Verhaltensweisen sich immer deutlicher dem Asperger-Syndrom aus dem Kreis der Autismusspektrumsstörung  (ASS) einordnen lassen, ihr Leben beeinflusst. Auch dem Zuschauer öffnet sich ein einfühlsamer Blick auf den Protagonisten.  Sie erhielten einen Einblick in die Besonderheiten der Wahrnehmungsverarbeitung  - laut der Psychologin Fr. Janka Steuernagel ist die Reizüberflutung, der Menschen mit Autismus ausgesetzt sind, in diesem Film sehr gut dargestellt – Pierre hat Probleme,  die Reize aus seiner Umgebung angemessen zu filtern:  Alle Sinnesbereiche sind anders angelegt  als bei Nicht-Autisten.  So kommt es bei einer Überforderung zu Panikattacken.  Auch neigen Menschen mit ASS zu Stereotypen (z.B. Wedeln mit den Armen oder kreisende Bewegungen).  Zudem hat die Zuwendung  zu „Lieblingsbeschäftigungen“ eine beruhigende Wirkung: Diese können eine Affinität zu Primzahlen sein aber auch das Auswendiglernen von Busfahrplänen.  Autismus ist eine angeborene genetische Störung und nicht medikamentös behandelbar.  Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 1 % der Weltbevölkerung davon betroffen ist.  Es sind mehr Männer als Frauen betroffen.

Herr Stiegler lebt bei Regens Wagner Lauterhofen und wurde auf dem Podium durch die Psychologin Fr. Skalet begleitet. Herr Stiegler spricht nicht, kann aber mit Hilfe einer FC-Schreibtafel, auf der das Alphabet abgedruckt ist,  auf die Fragen des Publikums eingehen. Fr. Skalet stütze seine Hand, er schrieb die Sätze in einem beeindruckenden  Tempo auf die Schreibtafel, die dann von der Psychologin verbalisiert wurden. Hier schrieb er unter anderem, dass die Möglichkeit der Unterstützten Kommunikation für ihn sehr zentral sei.

Anschließend stellten Herr und Frau Sessler den Familienalltag mit einem Kind mit Kanner Autismus sehr anschaulich dar. Ihr 19jähriges Kind kommuniziert mit Hilfe eines I-Pads nur mit bestimmten Personen und benötigt rund um die Uhr Aufsicht.  Die Familie hat viele schlaflose Nächte, oft kommt der Sohn erst um 1 Uhr nachts zur Ruhe. Alle Abläufe im Familienleben sind so weit wie möglich immer gleich – bei unvermeidlichen Veränderungen müssen diese möglichst genau angekündigt werden. Besonders problematisch ist laut der Mutter, dass ihr Sohn seinen momentanen Gefühlszustand (auch Schmerzen) nicht mitteilen kann.

Im Anschluss konnten sich interessierte noch mit den Podiumsteilnehmern an den Stehtischen unterhalten und sich bei Fr. Steuernagel über das kostenlose und anonyme Beratungsangebot des Netzwerks Autismus mit der Außensprechstunde bei Regens Wagner Offene Hilfen Neumarkt Nord informieren. Die Veranstalter freuten sich sehr über das große Interesse der zahlreichen Besucher an dem Thema Autismus.